Bergbaugeschichte der Grube Finstergrund

Zur Bergbaugeschichte der Grube Finstergrund

 

Von Wolfgang Werner

 

Die Grube Finstergrund bei Wieden ist eines der bedeutendsten historischen Fluss- und Schwerspat-Bergwerke im Schwarzwald. Die bergmännische Gewinnung der Spate wurde nicht wegen Erschöpfung der Lagerstätte, sondern aufgrund der damaligen niedrigen Flussspat-Preise eingestellt.

 

Der Finstergrund-Gang gehört zu den besonders großen Gangstrukturen im Bergbaurevier Wieden–Todtnau (siehe Karte). Der nördlichste Abschnitt der Finstergrund-Gangstruktur wird als Werner IV-Gang bezeichnet; dort ist das Besucherbergwerk im Niveau des Stollens 5 eingerichtet. Der Stollen 5 war ein wichtiger Förderstollen (siehe Schnitt). Weiter westlich gibt es eine kleine, als Werner II-Gang bezeichnete Struktur, auf der mittelalterlich oder frühneuzeitlich Versuchsbergbau umging. Zu dieser kleinen Grube soll es künftig Sonderführungen geben.

 

Die dargestellte Gangkarte geht zurück auf einen Entwurf von G. Zeschke aus dem Jahr 1959. Zu dieser Zeit waren die Gruben Tannenboden, Anton, Finstergrund, Auf den Winden (nördlich von Aitern) und Brandenberg, zwischen Todtnau und Fahl gelegen, in Betrieb. Sie wurden alle in unterschiedlichem Umfang von der Gewerkschaft Finstergrund betrieben, bisweilen hauptsächlich zu Erkundungszwecken.

 

Das Bergbaurevier Wieden–Todtnau mit Lage der Mineralgänge und der darauf angelegten Gruben (nach einem Entwurf von G. Zeschke im Auftrag der Gewerkschaft Finstergrund von 1959; aus: Werner, W. in: Hann & Zedler 2011b: Erläuterungen zur Geologischen Karte Blatt 8113 Todtnau).

 

 

Süd–Nord gerichteter Schnitt durch das Flussspatbergwerk Finstergrund mit Lage der Hauptförderstollen. Im Abschnitt des Werner-Gangs ist das heutige Besucherbergwerk eingerichtet (nach einem Seigerriss der Gewerkschaft Finstergrund; aus: Werner & Dennert 2004: Lagerstätten und Bergbau im Schwarzwald, Herausgeber: Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, Freiburg i. Br.)

 

Im Bergbaurevier Wieden–Todtnau wurde in den vergangenen Jahrhunderten an mehr als 60 Orten Bergbau betrieben (siehe Karte). Dieser ging fast ausschließlich über dem Grundwasserspiegel um, weil Gangbergbau ohne Wasserhaltung am kostengünstigsten ist. Das auf den Gangstörungen reichlich zusetzende Grundwasser müsste über lange Wasserlösungsstollen oder mit leistungsstarken Pumpen abgeleitet bzw. gehoben werden. Tiefreichende Bohrungen wurden bislang nicht durchgeführt. Wie tief die Lagerstätten reichen und wieviel sie an Wertmineralen enthalten, ist daher unbekannt. Ein großes Potenzial besonders am wichtigen Industriemineral Flussspat ist für das Revier Wieden aufgrund der Zahl und Mächtigkeit der Gänge aber in jedem Fall zu prognostizieren.

 

Bergbau auf die in den Mineralgängen sporadisch auftretenden Metallerze ging wegen des Silbergehalts vor allem zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert um. Die wich­tigste Bergbau­periode im Gebiet um Wieden–Utzenfeld–Todtnau ist sicherlich die im 20. Jahrhundert; in dieser Zeit waren Fluss- und Schwerspat Hauptziel des Bergbaus, Blei- und Zinkerze wurden in geringem Umfang mitge­wonnen.

 

Folgende Hauptgruben waren im 20. Jh. in Betrieb: Finstergrund (1922–1974), Anton (1936–1974) und Tannenboden (1948–1974) sowie die östlich von Todtnau gelegenen Gruben Fahl (1937–1959) und Brandenberg (1950–1964). Wichtigste Bergbaufirma war die Gewerkschaft Finster­grund (GF). Im Jahr 1938 hatte diese über 100 Mitarbeiter, 1967 war sie der größte deutsche Fluss­spat­produzent. Im Jahr 1969 übernah­men die Flussspat- und Schwerspat­werke GmbH Pforzheim und die Kali Chemie AG Hannover die Gewerk­schaft Finstergrund. Preisbedingt wurde 1974 der Bergbau bei Wieden aber eingestellt und die Aufbereitung in Utzenfeld geschlossen, die Gewerk­schaft Finstergrund wurde 1978 aufgelöst.

 

In der Zeit von 1936 bis zur Betriebsschließung im März 1974 wurden aus den genannten Gruben durch die GF rund 1 Mio. t an Rohförderung erbracht, wovon rd. 50 % (genau: 515.711 t) verwertbar waren. An dieser Gesamtförderung hatten die Gruben folgenden Anteil: Anton und Neue Hoffnung: 40 %, Finstergrund und Werner IV: 30 %, Tannenboden: 15 %, Brandenberg und Fahl: 15 % (Zusammenstellung der GF vom Juli 1977, LGRB-Akten).

 

 

Grube Finstergrund: Besprechung vor Ort. Betriebsleiter Carl Fischer,

Karl Beckert, Schichtführer Fritz Gruber, Christian Weidner (v. l. n. r.).

 

Bergleute der Gewerkschaft Finstergund im „Gummizeug“, das wegen des starken Wasserandrangs in den Abbauen erforderlich war.

 

Starker Holzverbau in der Strecke 2 der Grube Finstergrund

  

Bergbautechnik: Die für den Besucher zugänglichen Grubenräume geben einen guten Einblick in die Technik des Gangbergbaus bei Wieden. Der meist 1–2 m mächtige, steil stehende Mineralgang wurde im sog. Firsten­stoßbau abgebaut. Mit Bohren und Sprengen wurden Fluss- und Schwerspat am Stoß oder in der Firste (also über Kopf) gelöst. Das Gestein stürzte dann in den darunter befindlichen, bereits abge­bauten Hohlraum. Dieser war als Erzmagazin so angelegt, dass man über Abzugseinrichtungen, die sog. Rollen, das Erz nach unten auf Fördersohle abziehen konnte. Die Förderwagen wurden per Hand oder mit der Grubenlok zum Stollenmundloch gefahren. Per LKW wurde der Spat dann zur Aufbereitung nach Utzenfeld transportiert.

Foto links: Verladerampe am Antonstollen. Foto rechts: Aufbereitung in Utzenfeld

Schon 1975 gründeten ehemalige Bergleute der GF den Berg­manns­verein Finstergrund mit dem Ziel, im Finstergrund ein Besucherbergwerk einzurichten. Dafür am günstigsten erwies sich der als „Werner IV“ bezeichnete Nordteil des Finstergrund-Ganges. Das Besucherbergwerk Finstergrund wurde im Jahr 1982 er­öffnet. Bislang haben rund 350.000 Besucher das Bergwerk befahren können.

 

Literatur:

Hann, H. P. & Zedler, H. (2011a): Blatt 8113 Todtnau. – Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000.; Freiburg. i. Br.

 

Hann, H. P. & Zedler, H. (2011b): Erläuterungen zu Blatt 8113 Todtnau. – Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000: VII + 166 S., 20 Abb., 7 Tab., 3 Taf., 3 Beil.; Freiburg. i. Br.

 

Steen, H. (2004): Geschichte des modernen Bergbaus im Schwarzwald. – 485 S., zahlr. Abb.; Nor­derstedt (Books on Demand).

 

Steen, H. (2013): Bergbau auf Lagerstätten des Südlichen Schwarzwalds. Ein Beitrag zur Bergbauge­schichte und Lagerstättenkunde zwischen Dreisamtal und Hochrhein. – 697 S., zahlr. Abb.; Nor­derstedt (Books on Demand).

 

Walenta, K. (1992): Die Mineralien des Schwarzwalds und ihre Fundstellen. – 336 S., zahlr. Abb.; München (Weise).

 

Werner, W. (2012b): Geologie, Lagerstätten und Bergbau im Glottertal und seiner Umgebung. – In: Bergbau im Glottertal. Beiträge zur 900-Jahr-Feier der Gemeinde Glottertal (AK Glottertäler Ortsge­schichte, Hrsg.), 103–202, 40 Abb.; Freiburg i. Br. (fgb freiburger graphische Betriebe).

 

Werner, W. (2015): Über die Rohstoffquellen Baden-Württembergs. Vielfalt, Potenzial und Nutzung. – Alem. Jb. 2013/2014, Jg. 61/62: 13–102, 60 Abb.; Freiburg i. Br.

 

Werner, W. & Franzke, H. J. (2001): Postvariszische bis neogene Bruchtektonik und Mineralisation im südlichen Zentralschwarzwald. – Z. dt. geol. Ges, 152: 405–437, 12 Abb., 1 Tab.; Stutt­gart.

 

Werner, W. & Dennert, V. (2004) mit Beiträgen v. Meyerdirks U. & Tegel, W.: Lagerstätten und Bergbau im Schwarzwald. Ein Führer unter besonderer Berücksichtigung der für die Öffentlichkeit zugänglichen Bergwerke. – 334 S., 271 Abb.; Freiburg i. Br. (Landesamt f. Geol. Rohst. Bergb. Baden-Württ.).

 

Werner, W. (2011): Mineralische Rohstoffe. – In: Hann, P. & Zedler, H.: Erläuterungen zum Blatt 8113 Todtnau: 98–115, 3 Abb.; Freiburg i. Br. (LGRB, Hrsg.).

 

Zeschke, G. (1959): Die Flussspatvorkommen der Gewerkschaft Finstergrund. – unveröff. Gutachten: 44 S., 4 Tab., 14 Anlagen (Risse); Rhöndorf a. R.

 

Ziehr, H. (1985): Zur Geschichte des Flußspatbergbaus bei Wie­den/Südschwarz­wald. – Aufschluss, 36: 267–282, 8 Abb., Heidelberg.